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Mit stehendem Mast durch Holland

Anfang 2017 haben wir die „SY Chanty“, eine Bavaria 30 Plus, erworben, 9,25 m lang und 3 m breit. Der Liegeplatz befand sich in Holland, kurz vor der belgischen Grenze in Kamperland am Veerse Meer. Die Werft ließ die Yacht Anfang April zu Wasser. Das Schiff musste nach Bremen überführt werden!

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Nachdem der Termin, Ende April 2017, für die Überführung feststand, fuhren Wolfgang und ich in einem Mietwagen von Bremen nach Kamperland und wir begannen mit der Ausrüstung und ein paar kleinen Um- und Einbauten. Die mitgebrachte Selbststeueranlage und ein Plotter wurden eingebaut und die Elektrik verlegt.

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Donnerstag, 27.04.2017
Der Mietwagen war abgegeben, eine letzte Prüfung unserer Einbauarbeiten, wir waren abfahrbereit. Die Holländer feierten ihren Königstag und wir fanden für den Provianteinkauf in Kamperland nur einen einzigen geöffneten Laden. Dafür begegneten uns Musikorchester und viele Gruppen in Orange gekleideter feiernder Menschen. Wegen der schlechten Wettervorhersage für die Nordsee, entschieden wir uns für die Mastenroute, legten um 14:00 Uhr ab und fuhren das Veerse Meer bis Kortgene kurz vor der Schleuse in die Osterschelde. Der Plotter und der Autopilot funktionierten, wie erwartet, problemlos.

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Die „Staande Mastroute“ ist ein durchgehender Schifffahrtsweg quer durch die Niederlande von Delfzijl an der Emsmündung bis nach Vlissingen an der Südwestküste des Landes, der auch von Segelbooten und Motorschiffen mit Masthöhen bis 18 m befahren werden kann.

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Freitag 28.04.
Kortgene
Nach dem Frühstück ging es los. Wir waren erstaunt darüber, wie problemlos und schnell unsere erste Schleusung funktionierte, obwohl noch ein großes Flusskreuzfahrtschiff in der Schleuse war.
Einfach mit den Tampen an den eingelassenen Pollern in der Wand festhalten und slippen. Bei zwei Leuten kein Problem.

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Das sind wir, die Crew.
Wolfgang (r) und ich Erhard

Auf dem Weg durch die Osterschelde bis zum Grevelinger Meer zu den Kammersluisen konnten wir Segel setzen, bei Willemsstad schleusten wir ins Hollandsche Diep. Im Yachthafen Srijensas, kurz vor der Einfahrt in die Oude Maas fanden wir für die Nacht einen Platz.

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Samstag 29.04.
Am Morgen volltanken inkl. Reservetanks. Leider kam der Hafenwart erst nach 10 Uhr, sodass wir relativ spät unsere Reise fortsetzen konnten. Wenig Zeit später, bei Dordrecht an der Oude Maas, hier mussten wir 2 Stunden auf die Brückenöffnung warten. Autobahn- und Eisenbahnbrücke haben feste Öffnungszeiten.

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Die Eisenbahnbrücke hochgefahren, dahinter gleich die geöffnete Autobahnbrücke.

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Die Wasserbusse flitzten um uns herum.
Kurz vor Rotterdam führte die Mastenroute dann in die Holl. Ijssel.

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Ab hier hatten wir Gesellschaft. Die „Butt“ eine Zweimaster Ketsch aus Köln, auf ihrem Weg von Spanien nach Finnland. Sehr schöne Kanalfahrt, alle Brücken wurden nach kurzer Zeit geöffnet, gingen teilweise automatisch auf, wenn wir uns näherten. Kommunizieren konnten wir mit den Brückenwärtern auf Kanal 69.

Für Holland vorgeschrieben ist eine ATIS Kennung im Funkgerät, so werden die Schiffsdaten schnell erkannt. Das war in unserer Funke glücklicherweise auch eingerichtet.

Vor Gouda die Julianaschleuse und wieder mussten wir warten bis um 18:28 Uhr. An diesem Tag kamen wir nur bis kurz hinter Gouda, die letzte Brücke dort war bis zum Morgen 10:00 Uhr geschlossen.

Sonntag 30.04.
Bei schönstem Wetter fuhren wir durch herrliche Kanallandschaften von Gouda, Alphen an de Rijn und kleinen Seen Richtung Amsterdam.

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Kaum Wartezeiten vor den Brücken. Gern übernahm Wolfgang das Steuerrad, während ich Fotos machte, für genügend Kaffee und einen wohltuenden Snack sorgte.
Die „Butt“ immer voran durchfuhren wir die eindrucksvollen Kanallandschaften.

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Die Durchfahrt durch den Ort Alphen ist sehr schön aber auch sehr eng. Man fährt der Bevölkerung praktisch durch das Wohnzimmer bzw. durch den Garten.

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Theater, Cafés und viele schöne Häuser mit kunstvoll gestalteten Gärten und Liegeplätzen säumten den Kanal.

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Wohnen und Leben am und auf dem Wasser.

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Auch das gab es, Schilder für die Mastenroute. Geradeaus nach Amsterdam, da waren wir auf dem richtigen Weg.

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Hier war erst einmal Schluss.
Amsterdam Schiphol (Flughafen). Die Autobahnbrücke wird erst um 18:30 Uhr geöffnet. 4 Stunden warten bei brütender Frühlingssonne.
Danach musste noch eine kleiner See durchfahren werden, am Ende gab es einen Steg an dem wir vor der Amsterdam Durchfahrt anlegen mussten.

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Und wieder warten bis 23:56 Uhr. Erst dann wird die Autobahn- und die Eisenbahnbrücke für eine Durchfahrt kurz geöffnet. Im Konvoi fährt man dann durch Amsterdam.

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Unser „Konvoi“ bestand nur aus zwei Schiffen: Die „Butt“ und wir. Trotzdem mussten wir uns aber bei jeder Brückendurchfahrt beeilen, so forderte es der Brückenwärter, er fuhr mit dem Mofa nebenher, öffnete und schloss die Brücken für uns.

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Die nächtliche Fahrt durch Amsterdam ist ein großartiges Erlebnis. In der Stadt passierten wir eine Schleuse und zwölf bewegliche Brücken. Schummrig beleuchtet und um diese Zeit wenig belebt zeigte sich die Stadt.

Nach der Ausfahrt aus den Amsterdamer Grachten hätten wir beinahe noch einen alten Poller im Wasser vor dem Bahnhof gerammt, der bei Dunkelheit sehr schlecht auszumachen war. Der Tag war lang und hatte unsere Konzentration und Ausdauer gefordert.

Wir waren gestresst und müde. Der Sixhaven, unser erster Anlaufhafen gegenüber dem Bahnhof, war völlig überfüllt und eng. Es kostete viel Mühe, dort rückwärts wieder herauszukommen. Die „Butt“ haben wir danach nicht mehr gesehen, allerdings Tage später immer mal wieder in der Funke gehört.

Montag 01.05.
Etwas weiter fanden wir dann um 2:35 Uhr einen freien Platz im Yachthafen Aeolus Motorkanaal. Hier gab es sogar einen Supermarkt direkt am Hafen, so konnten wir uns noch etwas versorgen. Gutes holländisches Appelgebak durfte nicht fehlen.

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Nach einem schönen Frühstück fuhren wir dann weiter durch die Oranjesluizen ins Markermeer nach Lelystad.
Gegen 15:00 Uhr passierten wir die Schleuse Lelystad ins Ijsselmeer.

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Nass und kühl ging‘s weiter Richtung Lemmer. Nur sehr wenige Schiffe waren unterwegs. Dieses Teilstück auf dem Ijsselmeer, geprägt von Fahrrinnentonnen und endlos vielen Windrädern, empfand ich als ungemütlich und öde. Die Segel waren nur kurzfristig eine Hilfe. Motoren durch das bleigraue Wasser war weiterhin angesagt.

Nach der Schleusung in Lemmer 19:10 Uhr war der Tag schon wieder vorbei. Wir machten fest im Yachthafen Tacozijl an der Einfahrt zum Princess Magrit Kanal.

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Dienstag 2.05.
Noch etwas Diesel tanken und weiter ging‘s durch mehrere Seen durch Friesland Richtung Sneek.

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Wieder ein Schild. Wir sind richtig! Die Autobahn bei Sneek wird überquert.

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Die Fahrt durch Leeuwarden bietet viele interessante Eindrücke, einige Brücken und viele Liegeplätze entlang der Route durch die Stadt.

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Ab jetzt müssen wir Brückengeld bezahlen. Wieder mitten durch die Stadt. Überall konnte man anlegen, Stromanschlüsse waren vorhanden, man muss beim Anlegen nur auf die ufernahen Bäume achten, sonst verheddert man sich darin, wenn man mit stehendem Mast fährt.

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Überall in der Stadt haben Boote festgemacht. Ein Besuch in der Altstadt von Leeuwarden sollte man sich nicht entgehen lassen.
Weiter in die Dokkumer Ee. Burdaard.  Auf diesem Abschnitt haben wir insgesamt 24 Brücken durchfahren.

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Wir übernachteten in Dokkum, weil dort die letzte Brücke schon wieder bis morgens geschlossen ist. Vorsicht beim Anlegen! Hier gab es wieder Bäume direkt am Wasser.

Es gab eine Kirmes am Dorfrand den wir bei der Einfahrt gesehen hatten. Ein kleiner Besuch und ein zwei Bier wirkten sich positiv auf die Mannschaft aus.

Freudig überrascht waren wir über die schönen sauberen Toiletten mit Dusche, es gab einen Stromanschluss und Wasser.

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Mittwoch 3.05.
Um 10:30 Uhr passierten wir die Dokkumer Schleuse ins Lauwersmeer. Dort hat man die Möglichkeit über die Schleuse in Lauwersoog in die Nordsee zu fahren. Wir fahren aber weiter an den Tonnen entlang in den Kanal Reitdiep an Kühen und Bauernhöfen vorbei Richtung Groningen.

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Gegen 16:00 Uhr machten wir im Yachthafen Reitdiep in Groningen fest. Wolfgangs Tochter wohnt in Groningen und er lud diese mit Sohn zu uns zum Abendessen ein.

Donnerstag 4.05.
Da Wolfgang einen Termin in Bremen hatte, den er unbedingt wahrnehmen musste, sollte es hier einen Crewwechsel geben. Leider hatte sich die Wetterlage sehr verschlechtert, an eine Weiterfahrt durch die Ems in die Nordsee war nicht zu denken. Also verließen wir beide das Schiff und kehrten nach Bremen zurück. Peter holte uns mit dem Auto ab.
Hier nochmals: Vielen Dank, Wolfgang! Du warst eine tolle Hilfe und es hat viel Spaß mit dir gemacht!

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Sonntag 7.05.
Crewwechsel, weiter gings mit Peter. Mit dem Flixbus kamen wir dann von Bremen zurück nach Groningen. Nach dem Tanken 15:15 Uhr Leinen los. 15 Brücken durch Groningen, doch wir kamen nur bis Broomhofbrug. Die Brücke war mal wieder bis zum Morgen geschlossen.

Montag 8.05.
Ein Binnenschiff hat immer Vorrang, die Brücke wurde um 7:50 Uhr dafür geöffnet und wir schlossen uns frohgemut an.
9:15 Uhr Ausfahrt aus der Schleuse Delfzijl in die Ems. Wir nahmen Kurs auf Borkum. Anders als angekündigt nimmt der Wind auf 6 Bft zu, der Schwell auf der Ems ist gewaltig. Für den weniger erfahrenen Mitsegler Peter eine unangenehme Herausforderung. Ich entschloss mich zu einer Kursänderung um einen sicheren Liegeplatz anzusteuern. So machten wir uns auf den Weg nach Emden und gegen 13:15 Uhr wurde im Außenhafen festgemacht.

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Ein kleiner Stadtbummel stand an, vergnüglich genossenen wir Fischbrötchen und ein paar Bierchen.

b80Dienstag 9.05.
7:30 Uhr Ausfahrt Emden.
Wiederum auf die Ems Richtung Borkum. Bei westlichen Winden konnten wir Segel setzen und bei Hochwasser fuhren wir in die Emshörnrinne und nahmen Kurs auf Memmert Balje und Juist.

Um 14:45 Uhr unter Motor bogen wir ab ins Wattfahrwasser Memmert Richtung Norderney. Leider hatten wir bei Tonne M20a an einer Prigge Grundberührung, und da wir ablaufendes Wasser hatten haben wir sicherheitshalber sofort umgedreht und ankerten sicher bei Tonne M6 vor Juist und warteten auf Hochwasser.

Gegen 19:00 Uhr fuhr ein Fischer vorbei und winkte, wir sollten mitkommen, er macht uns den Weg frei. Motor an, Anker hoch und hinterher. Dank des voranfahrenden Fischerbootes, und obwohl mehrmaliger, leichter Grundberührung kamen wir gut durchs Wattfahrwasser. Nach der aufregenden Fahrt entlang der Priggen freuten wir uns schon auf Norderney. Doch wir hatten nicht mit dem Schwell im Seegatt gerechnet. Es war schon Dunkel, die Wellen wurden immer höher und plötzlich fiel der Motor aus.

21:30 Uhr Zwischen Busetief und Dovetief bei Tonne B6 mussten wir schnell sein und die Fock setzen um überhaupt manövrierfähig zu bleiben. Es hieß Ruhe und Übersicht zu bewahren. Mein Mitsegler Peter hätte gern sofort die Seenotretter gerufen!
Es dauerte für uns eine Ewigkeit, bei wenig Wind, Dunkelheit, hohen Wellen, zwischen Sandbänken, alle 10 m wenden, Tonne D9/B2 zu umrunden um endlich sicher durchs Dovetief in den Hafen von Norderney zu gelangen. Der Motor lief mittlerweile so halbwegs, nur mit Standgas, sodass wir endlich 1 Stunde später im Hafen von Norderney in einer leeren Box, gestresst, aber wohlbehalten, festmachen konnten.

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Mittwoch 10.05.
Norderney, Fazit am nächsten Morgen: Wir haben die Pest an Bord! Also der Tank hatte die Dieselpest. Sämtliche Kraftstofffilter waren mit einer schwarzen, klebrigen Masse verstopft auch der Tank war gefüllt mit Bakterienschlamm. Wie wir später erfahren haben sind davon oftmals saisonal benutzte Fahrzeuge betroffen, von der Yacht bis hin zu landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen. Nun, die "Chanty" kam frisch aus dem Winterlager, wurde wenig und nur bei ruhigem Wetter genutzt und der Diesel in Holland ist großzügig mit Bioanteilen gemischt. Perfekt für die „Dieselpest“! Wir waren früh auf den Beinen, Peter erkundete den Hafen, sprach mit dem Hafenmeister und schickte jemanden von den Seenotrettern vorbei. Dieser gab ein paar Tipps und erzählte, dass es im Dorf Werkstätten gäbe die uns den Tank reinigen können, es kommt wohl häufiger vor. Also machte ich mich an die Arbeit. Die Filter hatte ich, wie es sich gehört, noch als Reserve dabei. Für den nächsten Tag hatten wir eine Werkstatt gefunden und beauftragt den Tank zu reinigen.

b82Donnerstag 11.05.
Die Schadensbehebung: Der Tank musste freigelegt und der Deckel mit der Anzeigenelektrik abgeschraubt werde. Durch die Öffnung wurde der Diesel abgepumpt und der Tank mit Spezialreiniger gereinigt und ausgesaugt. Sehr aufwendig wurde unser Diesel in der Werkstatt gefiltert, mit Grotamar einem speziellem Diesel-Additiv aufbereitet und abschließend wieder zurück in den Tank gefüllt. Das hat den ganzen Tag gedauert und einige Euros gekostet.

Freitag 12.05.
Für Peter endete der Törn nun. Ihm war durch dieses Erlebnis vorerst der Spaß am Segeln vergangen. Zum Glück war Wolfgang sofort bereit zurück an Bord zu kommen. Er kam abends wieder mit Bahn und Fähre zurück.
Bei einem köstlichen Mahl im Hafenrestaurant begannen wir die Weiterfahrt nach Bremen zu planen. 2:30 Uhr Aufstehen und Frühstücken. Abfahrt sollte 3:00 Uhr in der Früh sein, damit wir bei Niedrigwasser in die Weser einlaufen konnten.

Samstag 13.05.2017
Schwierig war es, bei Dunkelheit die Tonnen im Dovetief, durchs Seegatt und den Nordergründen zu sichten und richtig zu navigieren, da nur die grünen Tonnen ein Licht führten. Wir waren ein gutes Team, mit Sonnenaufgang um 6:00 Uhr passierten wir das Accumer Ee und steuerten die Chanty an den Ostfriesichen Inseln entlang Richtung Osten.

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Pünktlich bei Niedrigwasser liefen wir in die Weser ein, Leuchturm Rote Sand an Backbord und passierten Tonne 9.
Mit auflaufendem Wasser kamen wir zügig voran. Mittags passierten wir die Containerkaje und die Neue Schleuse Bremerhaven.

Um 16:15 Uhr, nach 13 Stunden Motorfahrt machten wir im Heimathafen Hasenbüren am Steg des Bremer Yacht Club‘s fest.

Insgesamt haben wir von Kamperland nach Bremen 414 Seemeilen zurückgelegt.

Auf dieser Fahrt konnte ich das Schiff gut kennenlernen.
Vielen Dank an Wolfgang und Peter. Die Gemeinschaft an Bord, beim gemütlichen Schnacken oder bei schlechtem Wetter an Deck, werden mir eine unvergessliche, schöne Erinnerung bleiben.


Zusammengestellt von

Erhard Muschinski

 

acrobat Pdf Broschüre "Staande Mastroute"

Fahrtipps und Broschüren "Zusammen auf dem Wasser!"